Die Liebe fügt sich niemand
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Die Liebe fügt sich niemand,
der nichts bieten kann.
Denn ein jedermann,
der spricht: „Du Wicht,
weh dir! Was willst du hier?
Geh aus der Bahn!
Zahlst nicht, so richt
dich schleunig von hinnen!
Dein Minnen
steht dir übel an!“
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Der Wirt will uns nicht borgen,
das ist mein größte Klag.
Er plagt mich Nacht und Tag
um Geld. O Welt!
Schäm dich, was drängst du mich,
du voller Wirt?
Gleich schellt und bellt
Frau, Knecht, Dirn und Kinder,
im Winter,
wenn’s mich am Beutel friert.
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Jetzt trinken wir vom Fläschchen
ohne Krug und Topf:
Da wackelt uns der Kopf.
Schenk ein, Hänslein!
Das Fläschchen voll, das tut uns wohl!
Den Schlund geatzt!
Herr Wein, kommt rein!
Frisch, lustig gießen
und fließen,
bis uns die Blase platzt!
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Die Jungfer wollt ich minnen,
die Wirtin fiel in Zorn.
Da nahm ich sie aufs Korn.
Ich hieb und trieb
das harte Loch aus’nander doch,
ich armer Knab.
Da flog das Stroh!
Der Stadel schüttelt,
so rüttelt
ich ihr den Schleier ab.
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Dje mynne füget nyemand
wer da nicht enhat
wann wo er hin gat
man spricht / du wicht
we dir / was wiltu mir
ge für hin drat
hast nicht / so richt
dich balde von hynnen
dein mynnen
dir übel ane stat
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Der wiert wil uns nicht borgen
das ist mein grösste klag
er fegt mich nacht und tag
umb gelt / o welt
pfü dich / wie kiffst du mich
du voller wiert
nu schellt / und bellt
frow knecht diern und kinder
der winder
mich jnnder taschen syertt
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Nv trinck wir auss dem fläschlin
lassen wir den kopff
so trenelt uns der schopff
schenck ein / henslein
das fläschlin vol / das tüt uns wol
jm godersnal
her wein / get ein
her frischlichen giessen
und fliessen
bys jn der blauter fal
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Dje junckfrow solt ich mynnen
das tet der frowen zorn
ye doch müsst ich sy born
ich schob / und klob
dasselbig bloch / von ander doch
ich arm’ knab
sy hob / das stro
der stadel ward schütten
und rütten
den jren slayer ab
Oswald von Wolkenstein, Nr. 72, 1415?
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