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Eine nette Ballade

die Villon dem König aus der Verbannung sandte

Ich, François Villon, ein Dichter und Vagant,
Franzose und verbannt aus seinem Vaterland,
mich kitzelt der Geruch der großen Stadt,
ich brauche Raum und habe nicht einmal
für meinen Kopf ein Futteral.
Ich hab den Hetzhund endlich satt,
der mich durch die verfaulten Wälder treibt.
Ich bin ein ganzes Jahr schon unbeweibt.

Du aber weißt, wie reißend mich das Blut bewegt,
wie mein Gehirn durch alle Himmel fegt,
ich hab dir mehr als einen Reim geschenkt,
da war noch Würze drin und Salz.
Jetzt klebt ein Schandfleck rot an meinem Hals,
und wer mich fängt und henkt,
streicht hundert Golddukaten ein;
soll das mein Leben lang dein Wille sein?

Sieh her, ich trage auf der grauen Haut
nur diesen Rock, der ist geklaut
und stinkt nach Muff und Mottenfraß.
Sieh her, am Knie ein Loch, so groß
wie eine Faust... Wer bin ich bloß,
dass ich zu Mist und Aas
verdammt bin, ich, Villon, ein rauher Knecht,
der auch zu dichten sich erfrecht.

... mein Bruder hör: Wozu bist du so stolz
auf einen Thron gesetzt, wenn du wie Holz
dich anfühlst und nicht schreist:
„Schafft den Villon mir her, zieht ihm ein Kleid
von Seide an. Ist höchste Zeit,
dass dieser Kavalier mit mir zu Abend speist!“
Mein Bruder, hör: Ich habe Wind im Darm
und bin wie eine Laus so arm.

Untertänigste Nachschrift:

Auch so ein König neigt zuweilen sich
zu seinem Untertan herab und denkt wie ich;
dass alle Menschen groß und klein,
am Ende sollen Brüder sein.


Text: François Villon, Nachdichtung: Paul Zech