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Eine Ballade für den Hausgebrauch im Winter

François Villon sagt: Das bin ich,
welcher groß und grade vor euch steht.
Seht, in seinen Augen spiegeln sich
alle Dinge umgedreht.

Niemand weiß, woher er kam,
will auch niemand hier sein Bruder sein.
Als er sich den Wind zur Wohnung nahm
und ins Bett den kalten Stein

hat er seine Heimat satt gehabt,
wollte lieber sein ein Waisenkind,
so zerfetzt und abgeschabt,
wie im Herbst die Bäume sind.

Wenn ich eure Huld jetzt will,
Bettelpack im Hospital,
und auch manchen Abend still
euch um euren Wein bestahl.

Hier, im Nebel sind wir alle gleich:
Kavalier und Schinderknecht;
jeder raucht bekümmert bleich
seinen Tobak und verträgt ihn schlecht.

Hängt zu guter Letzt noch gar
eine Larve sich in das Gesicht.
Alles, was an ihm natürlich war,
stäubt zu Asche in dem trüben Licht.

Aber François, der sagt:
auch der Nebel tut euch nix,
wenn der Wind den Schnee zusammenjagt,
brauen wir uns einen Glühwein fix.

Denn mit diesem Stoff im Bauch
fängt die Welt erst richtig an,
und die Weiber sagens auch:
besser zwei als keinen Mann.

Wichtig ist nur, dass man nicht
früher sich verliebt,
als der Mond sein Kussgesicht
durch das Fenster schiebt.

In des Fleisches weißer Glut
wohnt man wie gewiegt,
jeder Mensch ist gut,
wenn ihn warm ein Arm umschmiegt.

Alle müsst ihr so verspielt noch sein
wie ein Katzenpaar;
auch Villon sagt niemals nein,
hängt sich das Geziefer in sein Haar.

Immer, wenn der Schnee noch da
auf den Feldern schwimmt,
sing ich zur Harmonika,
und mein Mädchen meint: es stimmt,

was ich dann und wann
ihr geflüstert habe vor dem Schlaf
und sogar als müder Mann
noch ins Schwarze traf.

Und bedenkt, dass niemand mehr viel Zeit
zu verlieren hat;
manchem blieb vom Sommerkleid
kaum das Feigenblatt,

darum tanzt, solang der Atem hält,
rund um euren Bauch herum,
mit dem letzten Apfel, der herunterfällt,
geht’s auch in der Liebe schief und krumm.

Tröstlich sollt ihr euch dann an Villon
die verschnupfte Nase fegen
und mit seinem neusten Song
fleißig das Gebiss bewegen.

Wo man singt, sagt Orpheus schon,
werden selbst die Steine weich
und erlösen den verlorenen Sohn
aus dem Tierbereich.

Auch Villon hat oft mit Treber nur
seinen Bauch genährt,
doch er denkt an diese Tour
kaum zurück noch, wenn der Tag sich jährt.

Viele Höllen musste er
noch erleben, eh die Freiheit kam.
Und sie lief nicht mehr so nebenher,
als er sie in seine Arme nahm.

Mit den Jahren freilich wird das Blut
auch bei ihm so nass und kalt.
Und dann hängt er seinen Hut
einfach an den nächsten Ast im Wald.


Text: François Villon, Nachdichtung: Paul Zech