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Eine Ballade

mit der Meister Villon seine Mitmenschen um Verzeihung bittet

Die frommen Männer in Kamelhaar-Röcken,
die Jungfraun in der gleichen Tracht
und von den älteren Ziegenböcken
diejenigen, die eine Liebesnacht
mit Anstand nicht mehr überstehn,
weil sie zu aufgeschwemmt schon sind vom Wein
und deshalb auch dreibeinig sich durchs Leben drehn:
Sie mögen mir das Lästermaul verzeihn.

Auch jene Mädchen, die noch immer nach mir zielen
mit dem Gebiss in einem nimmersatten Mund,
als könne ich, vom Wind so kahlgeschorener Hund,
noch immer auf der Flöte jeder Lust zum Tanz aufspielen,
damit in dieser Welt, der trüben,
die Kinder sich schon üben,
den ungereimten Vers zu singen,
wovon den Leuten oft die Augen übergingen.
Sie mögen mir mein Missgeschick verzeihn.

Nur der Herr Bürgermeister nicht,
der geh drei Schritte mir aus dem Gesicht,
der hat mich um den letzten Bissen Brot
beschubst und, was mich freute, in sein Haus genommen.
Der soll mir bloß nicht in die Quere kommen,
mit seinen Bäcklein rund und rot.
Dass hier im Loch nicht er, doch ich muss sein,
das mög er mir verzeihn.

Auch diese Herren vom Gericht, die mag ich nicht,
da sitzen sie mit einem steinernen Gesicht
auf ihrem Paragraphenthron
und brennen jedem, der nicht blecht,
ein Schandmal auf die Stirn. Sie werden ihren Lohn
bald kriegen für das hin- und hergebogne Recht.
Dass ich bei dieser Jagd der Hauptmann werde sein,
das werden sie mir wohl verzeihn.

Zum Schluss noch dieses Anhängsel:

Man schlage diesem Lumpenpack
das Maul mit einem Hammer kurz und klein.
Was übrig bleibt, das wäscht der Regen mir vom Frack.
Ich bin Villon! Das braucht mir niemand zu verzeihn.


Text: François Villon, Nachdichtung: Paul Zech