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Die Liebesballade

für ein Mädchen namens Leyla

Als man mich verstieß ins Unbekannt,
warst du, schwarzes Tier, mein Vaterland.
Leg mir deine Wurzelhand aufs Haar,
schenk mir deinen roten Muschelmund;
dass ich herrenloser Straßenhund
wieder weiß, wer ich vor Jahren war,
Dichter manchmal, manchmal auch Soldat,
den die Welt wie einen Wurm zertrat.

Viele Tiere sind mit rotem Blut
durch mein Blut geschwommen, bis die Flut
überlief von mir. Wer kann dafür,
dass er nicht in jeden Stiebel passt?
Wenn den Menschen ich jetzt so verhasst
und verekelt bin wie ein Geschwür:
Kleine schwarze Leyla, du komm her,
deine Liebe wiegt vieltausend Jahre schwer.

Waisenkinder sind wir beide jetzt,
angespien und herumgehetzt.
Aber unser Blut ist noch so rot,
dass wir tanzen müssen, wenn es wild
durch die Adern rinnt und, nie gestillt,
uns im Traum noch quält bis auf den Tod.
Bei dem lauen Wind der Mitternacht,
hat der Mond uns sanft ein Bett gemacht.

Sieh, jetzt kommt der Mond, das bleiche Tier,
aus dem Sumpf herauf und will bei dir
auch einmal die Nacht zu Hause sein.
Gib ihm ruhig hin, was du
auf dem Leibe hast. Villon sieht zu,
wie du in dem blanken Silberschein,
in den weißen Anemonen da,
schöner aufblühst, Stern von Afrika!

Stern, der mir noch manche Sommernacht
leuchten möchte, mir zum Glück gemacht.
Über uns ist nur das Laub erbaut
mit den vielen Lämmerwolken drin.
Und das Gras, das reicht uns bis zum Kinn,
bis auch unsre Leiber sich zu Kraut
und Getier verwandelt haben, hier im Wald:
Du und ich Millionen Jahre alt.

Hier, von aller Kümmernis entflohn,
neigt zu uns sich Gottes liebster Sohn,
von unsren Sünden mild bewegt.
Und wie manchmal aus dem grauen Staub
auferhoben wird das Laub,
treiben wir, sobald der Morgenwind sich regt,
auf dem letzten großen Meer
bis zur nächsten Wiederkehr.


Text: François Villon, Nachdichtung: Paul Zech