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Tinúviel

Notenbild (6,7 kB)


Das Gras war grün, das Laub hing dicht,
Die Schierlingsdolden blühten breit,
Da huschte durch den Wald ein Licht,
Wie Sternenglanz zur Erde fällt:
Tinúviel tanzte, Elbenmaid,
Zur Flöte, hold von Angesicht,
Von Sternen funkelte ihr Kleid
Und war ihr dunkles Haar erhellt.

Da irrte Beren durch den Wald,
Vom Berge kam er her allein,
Den Strom der Elben fand er bald
Und ging ihm voller Trauer nach.
Doch plötzlich sah er einen Schein
Von Licht im dunklen Waldgemach,
Von weh’nden Schleiern einen Schein
Und goldne Funken tausendfach.

Da stürzt, beseelt von neuer Kraft,
Der Wanderer aus fernem Land
Tinúviel nach in Leidenschaft,
Er greift nach ihr mit Ungestüm.
Ein Mondstrahl bleibt ihm in der Hand,
Durchs Dickicht tanzt sie leicht dahin,
Lässt ungestillt die Leidenschaft,
Und er muss einsam weiterziehn.

Wie oft vernimmt er flücht’gen Schritt
Von Füßen, leicht wie Lindenlaub,
Und unterirdische Musik,
Verwehend wie ein sterbender Ton.
Mit Nebelrauch und Silberstaub
Des Rauhreifs naht des Winters Tritt,
Mit leisem Wispern Blatt um Blatt
Fällt’s aus der Buchen welker Kron’.

Er sucht sie ewig, unverzagt,
Wo dicht der Blätterteppich liegt,
Bei Mond und Stern und wenn es tagt.
Ihr Schleier weht im Silberglanz,
So dreht sich schwerelos und fliegt
Tinúviel, die Elbenmagd,
Wie sich die Flocke wirbelnd wiegt
Dahin im Tanz, dahin im Tanz.

Als um der Winter, kehrte sie
Zurück und sang den Frühling wach
Mit Vogellied und Melodie
Des Regens auf vereistem Bach.
Die Sehnsucht trieb ihn wie noch nie
Zum Tanz, zu ihr, es lockte ihn,
Mit ihr so leicht dahinzuziehn,
So leicht im Tanz dahinzuziehn.

Sie floh – er rief den Namen schnell,
Mit Elbenlaut rief er sie an:
Tinúviel! Tinuúviel!
Da hielt sie ein im raschen Lauf,
Die Stimme schlug sie in den Bann.
Schon eilt er zu Tinúviel,
Da sah sie ihn verzaubert an:
Er fing sie in den Armen auf.

Und unter ihrem Schattenhaar
Sah Beren hell der Sterne Licht
Gespiegelt in dem Augenpaar
Der Elbin, der unsterblichen.
Verfallen war sie dem Gericht.
Sie schlang die Arme wunderbar
Um ihn: Er sah ins Angesicht
Der elbisch unverderblichen.

Lang trieb sie dann das Schicksal um
Durch Felsgeklüft und kalte Nacht,
Durch finstre Wälder, fremd und stumm,
Dann trennte sie das weite Meer.
Und dennoch war zuletzt die Nacht,
Gericht und Zeit der Prüfung um,
Vereinte sie des Schicksals Macht –
Und lange, lange ist es her.

The leaves were long, the grass was green,
The hemlock-umbels tall and fair,
And in the glade a light was seen
Of stars in shadow shimmering.
Tinuviel was dancing there
To music of a pipe unseen,
And light of stars was in her hair
And in her raiment glimmering.

There Beren came from mountains cold,
And lost he wandered under leaves,
And where the Elven-river rolled
He walked alone and sorrowing.
He peered between the hemlock-leaves
And saw in wonder flowers of gold
Upon her mantle and her sleeves,
And her hair like shadow following.

Enchantment healed his weary feet
That over hills were doomed to roam;
And forth he hastened, strong and fleet,
adn grasped at moonbeams glistening.
Through woven woods in Elvenhome
She lightly fled on dancing feet,
And left him lonley still to roam
In the silent forest listening.

He heard there oft the flying sound
Of feet as light as linden-leaves,
Or music welling underground,
In hidden hollows quaveling.
Now withered lay the hemlock-sheaves,
And one by one with sighing sound
Whispering fell the beechen leaves
In the wintry woodland wavering.

He sought her ever, wandering far
Where leaves of years were thickly strewn,
By light of moon and ray of star
In frosty heavens shivering.
Her mantle glinted in the moon,
As on a hill-top high and far
She danced, and at her feet was strewn
A mist of silver quivering.

When winter passed, she came again,
And her song released the sudden spring,
Like rising lark, and falling rain,
And melting water bubbling.
He saw the elven-flowers spring
About her feet, and healed again
He longed by her to dance and sing
Upon the grass untroubling.

Again she fled, but swift he came
Tinuviel! Tinuviel!
He called her by her elvish name;
And there she halted listening.
One moment stood she and a spell
His voice laid on her; beren came,
And doom fell on Tinuviel
That in his arms lay glistening.

As Beren looked into her eyes
Within the shadows of her hair,
The trembling starlight of the skies
He saw there mirrored shimmering.
Tinuviel the elven-fair,
Immortal maiden elven-wise,
About him cast her shadowy hair
And arms like silver glimmering.

Long was the way that fate them bore,
O’er stony mountains cold and grey,
Through halls of iron and drakling door,
And woods of nightshade morrowless.
The Sundering Seas between them lay,
And yet at last they met once more,
And long ago they passed away
In the forest singing sorrowless.


Text: J.R.R. Tolkien, Der Herr der Ringe, 1. Buch, 11. Kapitel; übersetzt von E.-M. von Freymann. Klett-Cotta (Hobbit Presse)
Musik: Hraban 12/96

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