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Hildebrandslied

„Ich wil zu land ausreiten“, sprach sich meister Hiltebrand,
„der mich die weg tet weisen gen Bern wol in die land;
die sind mir unkund gewesen vil manchen lieben tag,
Eya, in zwei und dreißig jaren fraw Uten ich nie gesach.“

Do er zum rosengarten ausreit wol in des Berners mark,
do kam er in große arbeit von einem helden stark;
von einem helden junge ward er do angerant:
„nun sag an, du vil alter, was suchst in meins vaters land?

Dein bart wil ich dir ausraufen, sag ich dir vil alten man,
daß dir dein rosenfarbes blut über d’wangen muß abgan;
dein harnisch und dein grünen schild must du mir hie aufgeben,
darzu must mein gefanger sein, wilt du behalten dein leben.“

Ich weiß nicht wie der junge dem alten gab ein schlag,
daß sich der alte Hiltebrant von herzen ser erschrack;
er sprang sich hinderrucke wol siben klafter weit:
„nun sag an, du vil junger! den sreich lert dich ein weib?“

Er erwischt in bei der mitte, da er am schwechsten was,
er schwang in hinderrucke wol in das grüne gras:
„nun sag mir, du vil junger! dein beichtvater wil wesen:
bist du ein junger Wölfing, vor mir magst du genesen.“

„Du sagst mir vil von wolfen, die laufen in dem holz:
ich bin ein edler degen aus Griechenlanden stolz;
mein mutter heist fraw Ute, ein gewaltige herzogîn,
so ist Hiltebrant der alte der liebste vater mein.“

„Heist dein mutter fraw Ute, ein gewaltige herzogîn,
bin ich Hiltebrant der alte der liebste vater dein.“
Er schloß im auf sein güldin helm und kust in an sein mund:
„nun muß es got gelobet sein! wir sind noch beide gesund.“

„Ach vater, liebster vater! die wunden die ich dir hab gschlagen,
die wollt ich dreimal lieber in meinem haupte tragen.“
„Nun schweig, du lieber sune! der wunden wird gut rat,
seit daß uns got beide zusammen gefüget hat.“

Das weret von der none bis zu der vesperzeit,
bis daß der junge Alebrant gen Berne einhin reit;
was fürt er an seinem helme? von gold ein krenzelein;
was fürt er an der seiten? den liebsten vater sein.


Zweistimmiger Satz aus dem 16. Jhd. (wohl als Bruchstück, Tenor und Bass, eines vierstimmigen Satzes mit der Hauptstimme im Tenor), Mittelstimme von Walter Hensel. Gekürzte Version.
Q: Walther Hensel, „Das aufrecht Fähnlein“, Kassel 1933(2), Bärenreiter

Bern = Verona / der Berner = Dietrich von Bern
Alebrant = Hadubrant

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