Weberlied
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Im düstern Auge keine Träne,
sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
»Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
wir weben hinein den dreifachen Fluch –
wir weben, wir weben!
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Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
in Winterskälte und Hungersnöten;
wir haben vergebens gehofft und geharrt,
er hat uns geäfft, gefoppt und genarrt –
wir weben, wir weben!
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Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
den unser Elend nicht konnte erweichen,
der den letzten Groschen von uns erpresst
und uns wie Hunde erschießen lässt –
wir weben, wir weben!
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Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
wo nur gedeihen Schmach und Schande,
wo jede Blume früh geknickt,
wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt –
wir weben, wir weben!
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Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
wir weben emsig Tag und Nacht –
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
wir weben hinein den dreifachen Fluch,
wir weben, wir weben!«
T: Heinrich Heine, »Die schlesischen Weber« 1844; Q: Heine, Hundert Gedichte. Berlin o.J., Vlg. Neues Leben
M: Jörg Ermisch (Liederjan); Q: LP Liederjan Mädchen, Meister, Mönche 1978
Es gibt diverse weitere Vertonungen des Gedichts, z.B. von Helmut König (helm), den Schmetterlingen, den Bläck Fööss...
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