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Der Lindenschmid

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Es ist nit lang, dass es geschach,
dass man den lindenschmid reiten sach
auf einem hohen rosse,
Er reit den Rheinstrom auf und ab
hat sein gar wol genossen, ja genossen. *

»Frisch her, ir lieben gsellen mein!
es muss sich nur gewaget sein,
wagen das tut gewinnen!
Wir wöllen reiten tag und nacht,
bis wir ein beut gewinnen.«

Dem marggrafen von Baden kamen neue mär,
wie man im ins gleit gefallen wär, *
das tet in ser verdrießen;
Wie bald er junker Caspar schreib:
er solt im ein reislein dienen. *

Junker Caspar zog dem beurlein ein kappen an, *
er schickt in allzeit vorne dran,
wol auf die freie straßen:
Ob er den edlen Lindenschmid fünd,
denselben solt er verraten.

Das beurlein schiffet über Rein,
er keret zu Frankfurt ins wirtshaus ein:
»wirt! haben wir nichts zu essen?
Es kommen drei wägen, seind wol beladen,
von Frankfurt aus der messen.«

Der wirt der sprach dem beurlein zu:
»ja wein und brot hab ich genug,
im stall da sten drei rosse,
Die seind dem edlen Lindenschmid,
er nert sich auf freier straßen.« *

Das beurlein dacht in seinem mut:
die sache wird noch werden gut,
die feind hab ich vernommen;
Wie bald er junker Caspar schreib,
dass er solt eilends kommen!

Der Lindenschmid der het einen son,
der solt den rossen das futter tun,
den habern tet er schwingen:
»Stet uf, herzliebster vatter mein!
ich hör die harnisch klingen.«

Der Lindenschmid lag hinterm tisch und schlief,
sein son der tat so manchen rief,
der schlaf hat in bezwungen.
»Ste auf, herzliebster vatter mein,
dein verräter ist schon kommen.«

Junker Caspar zu der stuben eintrat,
der Lindenschmid von herzen ser erschrack.
»Lindenschmid gib dich gefangen!
Zu Baden an dem galgen hoch,
daran so soltu hangen.«

Der Lindenschmid war ein freier reutersmann,
wie bald er zu der klingen sprang:
»wir wöllen erst ritterlich fechten!«
Es waren der bluthund also vil,
die schlugen in zu der erden.

»Kan und mag es dann nit anders gesein,
so bitt ich umb den liebsten sone mein,
auch um meinen reutersjungen.
Und haben sie jemands leid getan,
darzu hab ich sie gezwungen.«

Junker Caspar der sprach nein darzu:
»das kalb muss entgelten der ku,
es sol dir nicht gelingen,
Zu Baden in der werden statt *
muss im sein haupt abspringen.«

Sie wurden alle drei gen Baden gebracht,
sie saßen nit lenger denn eine nacht;
wol zu derselben stunde.
Da ward der Lindenschmid gericht,
sein son und der reutersjunge, ja junge.


»Der Lindenschmid war wahrscheinlich ursprünglich ein Dienstmann des Pfalzgrafen Philipp, der im Jahre 1490 beinahe einen Krieg zwischen dem schwäbischen Bunde und Speier veranlasst hätte. Ähnliche beute-, kampf- und wagelustige Räuber adligen und nicht-adligen Standes gab es im 15. Jahrh. allerorts in Deutschland, die der todverachtende Übermut zu Lieblingen des Volksliedes machte.«

Inhalt: Der Markgraf von Baden beauftragt Junker Caspar mit der Gefangennahme des Raubritters. Ein schlauer Bauer kundschaftet im Auftrag des Junkers den Aufenthalt des Räubers aus und überfällt ihn unversehens; nach tapferer Gegenwehr wird der Lindenschmid besiegt; er bittet um Gnade für seinen Sohn und seinen Reitersjungen; vergebens; alle drei enden auf der Richtstätte zu Baden.

Anmerkungen:
V5: Er hat vom Rhein viel Nutzen gehabt, d.h. reiche Beute dort gemacht.
V12: ins geleit gefallen: in das landesherrl. Schutzgebiet eingefallen.
V15: ein reislein dienen: in einem Kriegszuge dienen.
V16: machte den Bauern unkenntlich.
V30: nert = nährt.
V64: werden = werten.

Quelle: Das deutsche Volkslied, Velhagen & Klasing 1907


Es gibt eine vereinfachte Version dieses Liedes auf einer LP von Liederjan. Mit deren Melodie und einer eigenen Textversion habe ich ein Singspiel entwickelt (siehe PDF).

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