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Ballade vom Ursprung der Menschheit

Einst gab es im Lande der Mittagssonne
einen Garten, so groß wie ein Ozean.
Er war voller Früchte, voll Glück und voll Wonnen,
noch eh’ jemand jegliche Aussaat begonnen,
einen einzigen Stich mit dem Spaten getan.

Die Menschen, sie hatten, was sie brauchten im Leben,
alles gab jener riesige Garten her:
Quellwasser, Nahrung und Sonnenschein neben
uralten Bäumen zum Schatten Geben,
ihre Zweige von süßen Früchten schwer.

Eine einzige Pflicht war den Menschen gegeben,
um zu pflegen und hüten die Fruchtbarkeit:
Nach Gleichheit und Fülle für alle zu streben,
nur zu nehmen, was jeder brauchte im Leben,
und zu danken und beten allezeit.

Und die Menschen lebten wie aufgetragen:
Ein Leben voll Frieden und Dankbarkeit.
Wie glücklich sie waren, lässt kaum sich sagen,
und sie tanzten und lachten an allen Tagen.
O wie die Welt schön war zu jener Zeit!

Doch dann kam die Zeit, wo die Menschen in den Netzen
von Habsucht und Gier sich verstrickten so fest.
Sie begannen, die Regeln des Gartens zu verletzen,
und sie gruben gar tief nach verborgenen Schätzen,
und sie nahmen und rafften den letzten Rest.

Da verdorrte das Gras, und die Bäume streckten
ihre toten Äste wie Gerippe empor.
Die Quellen versiegten, Zungen dürr danach leckten.
Es verdursteten Frauen; die Kinder verreckten.
Der Tod kroch aus allen Hütten empor.

Doch die Männer beschlossen, woanders zu wohnen.
Irgendwo mussten bessere Länder sein!
Doch der Durst nagte hart und ohne zu schonen.
Ihre Geister entarteten zu Dämonen,
und sie bauten sich Äxte aus spitzem Stein.

Und so fielen sie ein in die fruchtbaren Auen,
und sie raubten und plünderten ganz und gar.
Sie schürten die Angst und verbreiteten Grauen;
sie ermordeten Männer, vergewaltigten Frauen;
zogen weiter, wenn alles verwüstet war.

Da begann in den Auen man sich zu erheben.
Man beschloss, dass der Terror zu beenden sei.
Und man baute sich Äxte, um Contra zu geben;
die Männer, sie kämpften um Tod oder Leben.
Gar mancher entartete selber dabei.

Überlebende schließlich von beiden Seiten
lebten dann beieinander im fruchtbaren Land.
Doch noch manchmal fuhren sie fort, sich zu streiten,
und einander noch Terror und Tod zu bereiten.
Gar Mancher in Kämpfen sein Ende fand.

Verwaist ist das Land der Mittagssonne:
Eine Wüste, so groß wie der Ozean.
Reichtum und Fülle sind restlos zerronnen,
nur manchmal durchziehen Kamelkolonnen
das endlose Sandmeer auf einsamer Bahn.

Doch in den Höhlen in den großen Bergen
ist diese Geschichte auf die Felswand gemalt.
Groteske Figuren, gleich schwarzen Zwergen
erzählen von Menschen und ihren Werken
und dem Preis, den der Mensch für sein Leben gezahlt.

Und die Nachkommen jener, die so eisern fochten,
die seid ihr Menschen heute, alle Völker ringsum.
Die Streitaxtbanden, die ihr Blutsüppchen kochten,
und jene, die diese zu bremsen vermochten,
sie alle sind in euch und begleiten euch stumm.


aus: Friedmunt Sonnemann, „Liebesgeschichten von Lichtkriegern“ (unveröffentlichtes Manuskript; das Buch sucht einen Verlag)