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Graf und Nonne

  1. Ich stand auf hohem Berge,
    sah nunter ins tiefe Tal.
    Ein Schifflein sah ich schweben,
    darin drei Grafen war’n.
  2. Der jüngste von den Grafen,
    der in dem Schifflein saß,
    gab mir einmal zu trinken
    aus seinem venedischen Glas.
  3. Ach, Mädchen, du wärst schön genug,
    wärst du nur ein wenig reich;
    fürwahr, ich wollt’ dich nehmen,
    wär’n wir einander gleich.
  4. Er zog von seinem Finger
    ein goldenes Ringelein:
    Nimm hin, du Hübsche, Feine,
    das soll dein Denkmal sein!
  5. Was soll ich mit dem Ringe,
    den ich nicht tragen kann?
    Ich bin ein armes Mädchen,
    das stehet mir nicht an.
  6. Und weil ich ja nicht reich bin,
    wie es dem Herren frommt,
    werd ich die Zeit erwarten,
    bis Meinesgleichen kommt.
  7. Wenn Deinesgleichen nun nicht kommt,
    was willst du fangen an?

    Dann geh’ ich in ein Kloster,
    will werden eine Nonn’.
  8. Es stund wohl an ein Vierteljahr,
    dem Grafen träumt’ es schwer,
    dass sein herzallerliebster Schatz
    ins Kloster ’gangen wär’.
  9. Steh auf, mein Knecht, und tummle dich,
    sattle mir und dir ein Pferd;
    wir wollen reiten Tag und Nacht,
    der Weg ist des Reitens wert.
  10. Und als der Graf geritten kam
    wohl vor des Klosters Tür,
    fragt er nach seiner Liebsten,
    ob sie darinnen wär’.
  11. Sie kam heraus geschritten
    in einem schneeweißen Kleid;
    ihr Haar war abgeschnitten,
    zur Nonn’ war sie bereit.
  12. Sie kam mit einem Becher,
    den sie dem Ritter bot;
    er trank, und ein paar Stunden
    danach war er schon tot.

Volkslied, ursprünglich wohl aus den Niederlanden, 15. Jhd.
Textfassung nach Heide Buhmann / Hanspeter Haeseler in Das kleine dicke Liederbuch

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