1. Merseburger Zauberspruch
Eiris sâzun idisi, sâzun hêra duoder.
suma hapt heptidun, suma heri lezidun.
Suma clûbôdun, umbi cuoniouuidi:
Insprinc haptbandun, inuar uîgandun,
inuar uîgandun!
Aussprache:
Eris saßun Idisi, saßun hera du-o-der.
Suma Haft heftidun, suma Heeri leßidun.
Suma klubodun, umbi Kwoniowidi:
Insprink Haftbandun, infahr Fijandun!
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Übersetzung 1 (nach »Älteste dt. Dichtung und Prosa«, Reclam Leipzig 1976):
Einst setzten sich Idisen, setzten sich hierhin und dorthin (oder: »setzten sich hehre Mütter«, wenn »muoder« statt »duoder« gelesen wird). Einige hefteten Haft (fesselten die Feinde), einige hemmten das (feindliche) Heer. Einige klaubten an den Kniefesseln (befreiten die Gefangenen): Entspringe den Haftbanden, enfliehe den Feinden!
Übersetzung 2 (nach Jürgen Lodemann):
Einstmals hockten sich Frauen, hockten sich hierhin und dorthin. Einige legten Fesseln, andere hemmten das Heer. Andere lösten und öffneten Knoten. Um der Baumkraft willen: Nun entspring den Fesseln! Entkomm den (übermächtigen) Feinden!
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T: Randbemerkung im Codex 136 der Merseburger Dombibliothek, 9. Jhd.
M: Frank Wulff-Raven (Ougenweide), 20. Jhd.
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