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Die Antwort

Wer bin ich, dass ihr mich scheuet?
Ort, wo ich bin, ihr verlasst?
Meine Existenz bereuet?
Wer bin ich, dass ich mich hasst?

Bin ich grauenvoll und düster?
Bin ich böse, bin ich schlecht?
Viel wird über mich geflüstert,
doch kein Geist mich je erfasst.

Alle lieben mich und dienen.
Alle haben Angst vor mir.
Mancher mir sein Ohr geliehen,
andre Seele, Herz und Nier’.

Menschheit, ich hab dich befallen.
Niemand hat mich wirklich gern.
Doch fänd ich nicht solch Gefallen,
wär ich längst nicht mehr bei dir.

Ich habe keine Hörner.
Ich hab kein’ Huf am Bein.
Auch ohne gezackten Rattenschwanz
ist die Menschheit mein!

Böses sucht bei mir Zuflucht
und mildernde Genesung.
’s hängt an mir noch der Geruch
von faulender Verwesung.

Zwischen meinen dürren Fingern
klebt noch stets verkohltes Fleisch.
Niemand kann ein Fluch mir mindern.
Alles Leid ist meine Sucht.

Viele Male hast du mich
gehängt, geköpft, verbrannt – zunichten!
Versuchtest mit Gebet und Licht
mich immer wieder zu vernichten.

Alle seid ihr meine Diener.
Keiner glaubt es, nur ich weiss:
Ihr seid Eltern meiner Kinder,
darum kann mich keiner richten.

Ich habe keine Hörner.
Ich hab kein’ Huf am Bein.
Auch ohne gezackten Rattenschwanz
ist die Menschheit mein!


T&M: Agi Schnyder (Divina Commedia), April 1999.
Das Lied stand ursprünglich unter dem Titel »Das Teufelsweib«, bis der Titel vom einführenden Gedicht übernommen wurde.